Warum Tee unterschätzt wird: Der größte Genuss ist der Duft

2022-09-10 13:18:44 By : Ms. csvigor Q

Warum sehe ich FAZ.NET nicht?

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Hier versteht man was vom Tee: In einem Teemuseum im niedersächischen Leer wird eine Teezeremonie abgehalten. Bild: dpa

Immer wollen sich alle auf einen Kaffee verabreden – unser Autor kann das nicht nachvollziehen. Er genießt lieber eine Tasse Tee. In der Kolumne erzählt er, warum das Heißgetränk unterschätzt wird.

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W ollen wir nicht zusammen einen Kaffee trinken?“ Ja, das ist so eine Frage. Warum sollte ich mit irgendjemandem einen Kaffee trinken wollen? Jenes Getränk von der Finesse eines Radladers, das die Deutschen hektoliterweise in sich hineinschütten, als gäbe es kein Morgen mehr? „Möchten Sie noch einen Espresso nach dem Essen?“–„Sie trinken keinen Kaffee?“ – „Na, nehmen Sie doch einen Tee!“ Und schon offenbart sich, dass deutsche Zungen durch zu viel Genuss von Ristretto, Latte Macchiato und Cappuccino völlig glatt poliert sind. Tee oder Kaffee – ist ja egal, schmeckt eh alles gleich. Nein, tut es nicht!

Ja, ich muss beichten. Oh, Herr, ich habe gesündigt. Jahrzehntelang habe ich ebenfalls dem Kaffee gefrönt, in jedweder Form (außer Espresso). Verdorben während des Studiums, als ich dazugehören wollte und Karl, den Killerkaffee, in mich hineinschüttete. Erst nach 20 Jahren und dem Verlust von reichlich Magenschleimhaut drang mir ins Bewusstsein, dass Anerkennung durch Kaffeetrinken das vielleicht doch nicht wert war.

Also machte ich meine Frankfurt Coffee Party, warf den Kaffee über Bord und lernte reumütig die Feinheiten des Teetrinkens kennen. Morgens zum Frühstück einen kräftigen English Breakfast, vormittags einen losen Schwarzen – in den übrigens auch Milch darf. Denn so ein Schuss Milch macht auch aus einem kräftigen Tee ein feines mildes Getränk, während man in einen scharf gerösteten Kaffee noch so viel davon hineinkippen kann, das ändert nichts an Verdauungsproblemen. Und am Nachmittag eine fein aromatisierte Mischung, am liebsten mit Zitrusfrüchten. Stets gesüßt mit einem Löffel braunen oder Kandiszucker (raffinierter weißer dämpft den Genuss).

Tee ist ein zartes Getränk, dessen größter Genuss der Duft ist, weshalb es auch auf die richtige Tasse ankommt. Kaffee kann man in alles schütten: Tassen, Pappbecher, Thermoskannendeckel, Konservendosen. Man kann ihn gut während der Arbeit trinken, bei Tee wäre das ein Verlust. Dem gehört die Zunge geschabt, hätte mein verstorbener Vater gesagt.

Zurück zum Treffen auf einen Kaffee. Auch wenn ich nicht wegen des Kaffees komme. Und wie versprochen gibt es auch einen Tee, ja, sogar mehrere: Schwarzen, Kamille und Früchte. Ah ja. Eine Zeitlang habe ich es mit Schwarzem Tee in Cafés versucht. Aber bei 20 Kaffeesorten serviert man oft genug eine Tasse heißen Wassers und daneben einen Teebeutel von Deutschlands größtem Teehersteller (zum gleichen Preis wie der Kaffee, versteht sich).

Man möge mir verzeihen, aber: Auf den Beutel kann man da ruhig verzichten und die Schachtel ins Wasser hängen, das kommt aufs Gleiche raus. Überall in Deutschland wird aus Kaffee eine Wissenschaft gemacht, nur im Paradies Ostfriesland versteht man etwas von Tee.

Früher war noch alles besser. In den Siebzigerjahren gab es in jeder Stadt mehrere Teeläden inklusive Ausschank. In den Schulen gab es Teestuben statt Kaffeeautomaten, und selbst zu Hause wurde nachmittags Tee getrunken. Und wenn die hübsche Nachbarstochter für uns in ihrem Zimmer ein Kännchen aufgoss und aufs Stövchen stellte, wurde es ein wunderbarer Abend – auch wenn sie klar machte, dass es mehr als Tee nicht geben würde. Kaffee hätte allein durch den Duft in der Stube jede Zärtlichkeit im Keim erstickt.

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Ja, Tee ist ein wenig bekanntes Genie. Aber gut, dass aus Tee oder Kaffee keine Glaubensfrage gemacht wird. Und so bin ich dem Gesprächspartner immer noch dankbar, dem ich von meiner Tee-Leidenschaft erzählt hatte und der eigens für mich einen guten Tee kaufte. Das Gespräch war dann sehr angenehm. Ob es am Tee lag? Wer weiß.

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Warum Tee unter- und Kaffee überschätzt wird

Immer wollen sich alle auf einen Kaffee verabreden – unser Autor kann das nicht nachvollziehen. Er genießt lieber eine Tasse Tee. In der Kolumne erzählt er, warum das Heißgetränk unterschätzt wird.

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