Klimawandel, Armut, Flüchtlingskrisen: Die Welt ist voller Probleme. In einer Serie präsentiert Capital Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit – von smarten Köpfen und innovativen Unternehmungen. Diesmal: Recup
Inspiriert von der amerikanischen Kaffeekette Starbucks führt auch Deutschland Mitte der 1990er-Jahre den Coffee-To-go ein. Seither ist der praktische Kaffee zum Mitnehmen Alltag vieler Menschen geworden, und stellt gleichzeitig ein Symbol für eine moderne aber achtlose Wegwerfgesellschaft dar. Denn die Ökobilanz des scheinbar so kosmopolitischen Lifestyle-Produkts fällt schlecht aus.
Laut der Deutschen Umwelthilfe verursacht ein einziger To-go-Becher bei seiner Herstellung bereits 30 Gramm klimaschädliches CO2. Nach Angaben des Umweltbundesamtes werden rund 60 Prozent der Einwegbecher aus Papierfasern hergestellt und mit Kunststoff beschichtet. Die Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe zeigen, dass für die Herstellung der Gesamtmenge an Pappbechern, die größtenteils aus Papier bestehen und einen PE-Anteil von fünf Prozent aufweisen, pro Jahr mehr als 60.000 Tonnen Holz sowie Milliarden Liter an Wasser benötigt werden. Eine Zusammensetzung aus Kunststoff und Papier erschwert das Recycling zusätzlich.
Die Folge ist eine hohe Verschwendung an wertvollen Ressourcen, die in Zusammenhang mit dem enormen Konsum ein erhebliches Problem für unsere Umwelt darstellt. Denn allein Deutschland verbraucht stündlich 320.000 Einwegbecher. Der jährliche Konsum beläuft sich somit auf 2,8 Milliarden Einwegbecher und 1,3 Milliarden Einweg-Kunststoffdeckel. Dabei beträgt die geschätzte Nutzungsdauer dieses To-go-Ensembles gerade einmal 15 Minuten , bevor es im Mülleimer landet. Ersatzprodukte aus Recyclingmaterial würden die natürlichen Ressourcen schonen, doch bislang wird nur ein sehr geringer Anteil an Recyclingpapier eingesetzt.
Recup will den beliebten Kaffee auf die Hand so nachhaltig wie möglich gestalten und hat deshalb ein ressourcenschonendes Mehrweg-Pfandsystem für Coffee-to-go entwickelt. Recup folgt dem "Nutzen statt Besitzen"-Prinzip und verleiht sozusagen nachhaltige Pfandbecher an die Konsumenten. Um möglichst viele Spülgänge bewältigen zu können und ein langlebiges Produkt zu erschaffen, werden die Mehrwegbecher von Recup aus dem recycelbaren und schadstofffreien Kunststoff Polypropylen hergestellt. Nach Angaben des Start-ups ersetzt bereits ein Recup ungefähr 500 Einwegbecher und leistet somit einen wertvollen Beitrag zur Verminderung des Einwegmülls.
Statt Geld in Einwegprodukte zu investieren, können Kaffeeanbieter die Recups für einen Euro pro Becher von dem gleichnamigen Start-up erhalten. Diese Kosten werden durch das Pfand an den Kunden weitergegeben. Dieser kann in den kooperierenden Cafés für ebenfalls einen zusätzlichen Euro sein Heißgetränk im nachhaltigen Recup-Becher erhalten. Die nachhaltige Wahl wird mit einer Kaffee-Preisreduktion belohnt. Im Anschluss kann der Becher bei einem der Recup-Partner gegen den hinterlegten Pfand eingetauscht werden. Die Becher werden vor Ort oder durch Recup gereinigt und gelangen anschließend wieder ins System zurück. Über die Recup-App können Kunden das nächstgelegenen Recup-Café finden.
Florian Pachaly und Fabian Eckert hat eine gemeinsame Vision zusammengeführt: Sie wollen die Coffee-to-go-Branche revolutionieren und das Konsumverhalten verändern. Die Beiden starten Ende 2016 das Pfandsystem Recup als Pilotprojekt in Rosenheim. Das kommt gut an und bereits wenige Monate später ist das Mehrwegbecher-System bei 50 weiteren Partnern in München vertreten.
Seither konnte das Team von Recup zahlreiche Kunden, Cafébesitzer und sogar Supermarktketten, darunter Alnatura, Basic und Bio Company, für ihr Geschäftsmodell gewinnen. Denn dank der zunehmenden medialen Aufmerksamkeit zu Themen wie Konsum und Umweltschutz, wollen immer mehr Städte Pfandsysteme etablieren. Mittlerweile wird die App von mehr als 9000 Menschen aktiv genutzt und Kaffeetrinker können deutschlandweit in über 3200 Standorten, und sogar in Südafrika, ihren Kaffee aus Mehrwegbechern von Recup trinken. Das Münchner Start-up finanziert sich über eine kostenneutrale Systemnutzungsgebühr der teilnehmenden Partner und plant eine weltweite Expansion.
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